Ich habe es schon immer bedauert, das heutzutage zwischen den Musikern auf der Bühne und dem Publikum ein solch großer Abstand   ist. Ich persönlich versuche ihn bei meinen Konzerten zu überbrücken, indem ich mich mit meinem Publikum unterhalte, ein wenig  plaudere, erkläre und ein bißchen Spaß mache. So können die Funken zu unserer Musik leicht überspringen.

Als ich zum ersten Mal einen Walzer spielte, tat sich für mich eine neue Welt auf. Der mitreißende Rhythmus des Dreivierteltakts ergriff mich sofort. Ich vertiefte mich in die Biographien von Komponisten wie Strauß oder Lehár und entdeckte, das diese Musik vor 100 Jahren keineswegs in Konzertsälen dargeboten wurde. Im Gegenteil: Johann Strauß spielte in Volksgärten, bei Bällen und in Festsälen, und sein Publikum tanzte, sang und klatschte ausgelassen.

Es macht mir einfach Spaß, auf der Bühne zu stehen und zu spüren, wie das Publikum reagiert. Da herrscht eine ungeheure Spannung, die ist fast körperlich zu spüren. Ich merke schon nach den ersten Klängen, beim Applaus für das Orchester, wie sich ein Konzert entwickelt.

Schon als kleiner Junge stand ich mit meiner Geige am Fenster und erträumte mir eine Märchenwelt. Stundenlang konnte ich hinaus schauen, während ich auf der Geige schöne Melodien improvisierte und mich romantischen Träumen hingab. In meiner Phantasie wurde das scheue Mädchen aus dem Kirchenchor zu einer bildschönen Prinzessin, mit der ich hoch zu Ross über die Wiesen galoppierte, um sie dann im Zauberschloß mit meiner Gegenwart zu verführen.

In meinem Elternhaus hörte man den ganzen Tag Musik. Mein Vater studierte am Klavier seine Partituren und alle sechs Kinder spielten von klein auf mehrere Instrumente: Klavier, Geige, Cello, Kontrabaß, Harfe, Oboe und Flöte. Dazu bekamen wir Gesangsunterricht und Notenlehre, denn wir alle sangen im Kirchenchor. Musik war in unserem Haus also etwas vollkommen Selbstverständliches, etwas anderes gab es einfach nicht.

 

Ich möchte mit meiner Musik Freude , Gefühl und Humor in das Leben vieler Menschen bringen. Das Publikum braucht die Musik nicht  analytisch zu verstehen, man muß sie ins Herz dringen lassen. Zum Walzer sollen die Leute sich bewegen, das ist Tanzmusik. Wenn mir  das gelingt, bin ich zufrieden. Ich habe ohnehin nicht das Gefühl, abends zur Arbeit zu gehen, auch wenn ich mit meinen Konzerten Geld  verdiene, sondern ich gehe zu einer Party mit guten Freunden.

 

Von Anfang an waren die Streicher, die mir am besten von allen gefielen. Diesen vollen Klang der Geigen, Bratschen, Celli und Bässe - ich fand ihn einfach überwältigend. Mir war dabei, als würde ich in eine andere, traumhafte schöne Welt versetzt. Und so entstand in mir der Romantiker, der ich heute noch bin.

 

 

 

Als kleiner Junge hat André Rieu die Menschheit in zwei Gruppen eingeteilt: die eine mit und die andere ohne Geige. Er war nämlich ganz erstaunt, als er in den Kindergarten kam und dort feststellen mußte, daß es auch Kinder ohne Geige gibt. Am liebsten hätte er ihnen allen ein Instrument geschenkt, weil er glaubte, ohne Musik könne man doch überhaupt nicht leben.

Inzwischen habe er einiges dazu gelernt, sagt er, aber etwas von seiner damaligen "Weltanschauung" sei ihm geblieben: ohne Musik sei das Leben nur halb so schön. André Rieu: "Für mich ist Musik unentbehrlich, weil sie besser als alles andere auf der Welt, Gefühle vermitteln kann. Ob es um Fröhlichkeit oder Trauer geht, Musik lockert die Emotionen, und - was vielleicht noch wichtiger ist - sie verbindet Menschen."

Das stellt Rieu auch bei seinen Konzerten immer wieder fest. Die Leute kommen als einzelne Personen in die Säle hinein und gehen nach Abschluß des Konzerts wie alte Bekannte auseinander, denn sie haben miteinander gesungen und getanzt, sich von der Musik hin reißen lassen.

 

 

 

 

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